Die Geometrie eines Gravel-Bikes – was sind die Besonderheiten des Rahmens?

Warum ist eine Psychotherapie bei Rennradfahrer*innen viel kürzer als bei anderen Sportlern? Wenn es Zeit ist, mental in die Kindheit zurückzukehren, sind die Rennradfahrer*innen schon da. So geht ein leicht abgewandelter und dennoch zutreffender Witz. Das beste Beispiel dafür ist das Gravel-Bike. Erwachsene Radfahrerinnen und Radfahrer gehen in den Wald, um dort glückselig im Matsch und Schlamm zu spielen. Aber wozu? Zurecht!

Noch nicht überzeugt? Lest selbst, was die Geometrie eines Gravel-Rahmens so besonders macht und wie dies euch bei der Entscheidung hilft, ob ihr wirklich ein zusätzliches Rad benötigt.

Inhalt

1. Was macht ein Gravel-Rahmen aus?
1. Höhe des Tretlagers
2. Steuerrohr
3. Lenkwinkel
4. Bremsen und Reifenbreite
5. Dämpfung
6. Gepäck- und Verpflegungstransport
2. Braucht ihr einen Rennrad- und einen Gravel-Rahmen?
3. Fazit

Was macht ein Gravel-Rahmen aus?

Jede Athletin und jeder Athlet haben persönliche Anforderungen und individuelle Ansprüche an ihr/sein Fahrrad. Gut, dass jeder Gravel-Rahmen jeder Marke ebenso individuell und in seine Rahmengeometrie einzigartig ist. Dennoch lassen sich ein paar Merkmale des Rahmens eines Gravel-Bikes feststellen, die sich beispielsweise von dem eines Rennrads unterscheiden.

Höhe des Tretlagers

Ein Gravel-Bike ist kein Straßenrad. Daher kann es vorkommen, dass Barrieren das Vorankommen erschweren. Damit dies euch nicht jedes Mal zum Absteigen zwingt besitzt das Gravel-Bike ein höhergelegtes Tretlager, das euch eine größere Bodenfreiheit der Pedale, eine steilere Kurvenlage und querliegende Baumstämme oder andere Hindernisse zu überwinden ermöglicht.

Steuerrohr

Wie beim Rennrad scheiden sich bei der Frage der Sitzposition auch bei Gravel-Bikes die Geister. Manche mögen es eher sportlich, andere komfortabel. Je nach Zweck und Einsatzgebiet. Während ursprünglich Gravel-Räder eher etwas aufrechter und auf Langstrecke ausgelegt waren, kommen immer mehr Gravel-Race-Bikes zum Zuge, die mit einer sportlicheren Sitzposition daherkommen. Dementsprechend ist die Länge des Steuerrohrs und Überhöhung von Sattel und Lenker, dem Einsatzzwecks angepasst.

Lenkwinkel

Gravel-Bikes sind als Geradeausläufer unter den Off-Road-Bikes bekannt. Leichte Trails sind noch zu meistern, sein volles Potential können sie aber bei höheren Geschwindigkeiten auf sandigen, schottrigen Untergrund durch eine stabile Laufruhe ausspielen. Besonders mit größerer Zuladung und Gepäck gibt die Geometrie des Gravel-Rahmens Sicherheit. Erreicht wird dies durch einen längeren Radstand, also dem Abstand von Vorder- und Hinterrad. Der Lenkwinkel wird flacher und schiebt das Laufrad somit noch ein Stück vor den Lenker.
Für diejenigen die dennoch nicht auf Wendigkeit, Trails und enge Kurven verzichten wollen, hat RONDO die sogenannte Twintip-Fork entwickelt. In wenigen Minuten lässt sich euer laufruhiges Gravel-Bike in ein nahezu reinrassiges Cyclocross-Rad umbauen.

Bremsen und Reifenbreite

Wie so ziemlich alle neuen Räder sind auch Gravel-Bikes heutzutage mit Scheibenbremsen ausgestattet. Allein die Tatsache, dass die Reifen nicht mehr an den Bremsbacken der Caliper-Bremsen vorbeimüssen, erlaubt es bereits breitere Reifen zu montieren. Beim Rennrad sind Reifen von 30-32 mm keine Seltenheit mehr. Die zusätzliche Reifenfreigängigkeit am Hinterbau und der Gabel bei Gravel-Rädern ermöglichen noch breitere Reifen. Beim RONDO MYLC sind dies zum Beispiel bis zu 47 mm.

Dämpfung

Auf Grund nutzungsbedingter eher ruppigeren Untergründe liegt ein weiterer Fokus auf der Dämpfung. Weichere Sättel oder Gel-Einlagen im Lenkerband sind dabei eine Möglichkeit Stöße zu reduzieren, Federungen von Hinterbau und Gabel im klassischen Sinne, wie sie bei Mountainbikes eingesetzt werden, eine andere. Vielen jedoch unbekannt ist, dass das Material Carbon, richtig dimensioniert und die Carbonfasern in geeignete Richtung ausgelegt, Schwingungen hervorragend aufnehmen kann, ohne dass die Steifigkeit darunter leidet. Zu guter Letzt tragen die Form der einzelnen Rohre und die des Rahmens an sich zur Dämpfung bei. Dadurch kommen auf den ersten Blick außergewöhnliche Rahmen-Geometrien mit Knicken, Ecken und Kanten wie die des Rondo Ratt oder Ruut zustande, die durchaus einen Zweck erfüllen und nicht nur ästhetisch ein Hingucker sind.

Gepäck- und Verpflegungstransport

Da das Gravel-Rad auch auf mehrtägige Touren vorbereitet sein möchte, sind oftmals Gewinde und Schrauben im Rahmen eingefasst, die die Möglichkeit geben, Schutzbleche, Gepäckträger, Taschen aller Größen und Formen und sonstige Ausrüstung anzubringen und mitzuführen. Neben den Montagepunkte im Rahmendreieck und auf dem Oberrohr sind beispielsweise beim Rondo Ruut Schrauben in die Gabel eingelassen, die weitere Möglichkeiten zum Transport von Flaschen- oder Satteltaschen zulassen.

Braucht ihr einen Rennrad- und einen Gravel-Rahmen?

Wie ihr in diesem und vorherigen Blog-Artikeln feststellen konntet, ist der Übergang zwischen Renn- und Gravel-Rad fließend. In manchen Fällen klar definierbar, gibt es wiederrum Räder, die das Beste aus beiden Welten abbilden. Mit Einschränkungen. Ein reinrassiges Rennrad wird niemals so gut auf einem sandigen Trail bestehen, wie ein Gravel-Bike, das mehr einem MTB, als einem Straßenrad entspricht. Umgekehrt wird kein Gravel-Bike ein Rennrad bei der Tour de France ersetzen können. Für die meisten Hobbyathleten geht es glücklicherweise nicht um Sekunden und nicht um wenige Gramm Gewichtsunterschied. Meist besteht in anderen Bereichen weitaus mehr Potential ihren CdA-Wert zu senken oder ihre Leistung zu boostern.
Also braucht ihr ein Rennrad und ein Gravel-Bike? Im ersten Schritt macht euch bewusst, welchen Einsatzzweck ihr abdecken wollt.

• Sind es feste, sandige Untergründe oder Waldboden gepaart mit der sonntäglichen Ausfahrt auf Asphalt, ist ein Aero-Gravel-Bike, wie das Rondo Hvrt, das Aerodynamik mit Gravel-Qualitäten meisterhaft umsetzt, ein geeignetes Rad.
• Bewegt ihr euch vornehmlich auf Straßen mit kurzen Abstechern auf Wald oder Schotterboden, kommt auch ein reines Rennrad mit Reifen über 30 mm in Frage.
• Fahrt ihr gerne leichte Trails und ebenso schnelle Hochgeschwindigkeits-Schotterpisten ist ein Gravel-Bike mit Anlehnung an eine Mountainbike-Rahmen-Geometrie, wie das Rondo MYLC, eine Option.
• Wollt ihr in gleichem Maße eure Leidenschaft fürs anspruchsvollere Graveln und reinrassige Rennradfahren ausleben und immer das Beste beider Welten unter euren Pedalen wissen, solltet ihr euch beide Räder anschaffen. In diesem Falle klingt es so, als ob ihr mit eurem Herzen dabei seid und auch beide Räder ihren Einsatzweck erfüllen. Falls ihr euch trotzdem dafür vor irgendjemandem rechtfertigen müsst, könnt ihr die Argumente oben ja nochmal nachlesen.

Fazit

In der Geometrie von Gravel-Rad-Rahmen sind viele Besonderheiten des Straßenrenn- und des Mountainbikesports zu finden. Dies geht von Aeroaspekte eines Rennrads, bis Dämpfungselemente eines Mountainbikes. Dennoch gibt es bei jedem dieser Räder mehr oder weniger ausgeprägte Merkmale am Rahmen, die Gravel-Bikes vereinen, und diese charakterisieren. Montagepunkte für Gepäck, Dämpfungseigenschaften oder ein flacher Lenkwinkel sind nur eine Auswahl. Diese können euch als Entscheidungshilfe herangezogen werden, ob sich für euch die Anschaffung eines Gravel-Bikes lohnt.
Trennt ihr Gravel- und Rennrad-Touren strikt voneinander und wollt unbedingt von jeder Sorte ein Rad haben. Dann würde ich sagen, Jackpot. Denn Glück kann man nicht kaufen. Aber Fahrräder und das kommt schon sehr nah dran.