Der Stryd-Lauf-Powermeter – Laufen 2.0
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Während noch vor wenigen Jahren der Powermeter am Fahrrad wirklichen Profis überlassen und für Amateure kaum bezahlbar war, hat heutzutage jede Radfahrerin und jeder Radfahrer, die etwas von sich halten ein solches elektronisches Gerät an seiner Rennmaschine. Die Abhängigkeit von Puls und Geschwindigkeit, die mit den Umgebungsbedingungen stark variierten, sind für Radfahrende Geschichte. Aber wie sieht es bei laufenden Triathletinnen und Läufern aus? Der eine quält sich mühevoll den Berg hinaus, die andere kämpft um jede Sekunde bei starkem Gegenwind, während ein dritter auf der Tartanbahn das Tempo macht und sich seine Trainingspartner im Windschatten verstecken. Auch wenn der Wind bei einer verhältnismäßig langsamen Lauf-Pace weniger Einfluss hat, als auf dem Rad, wirklich vergleichbar sind Läufe anhand der Geschwindigkeit nur bei absoluter windstille im flachen Gelände.
Die Firma Stryd sah das ähnlich und machte sich zur Aufgabe einen Powermeter fürs Laufen zu entwickeln, mit Erfolg. In nun der dritten Generation gelingt es dem US-Unternehmen aus Boulder, Colorado die Laufleistung messbar zu machen und das Lauftraining noch besser zu steuern.
Ich habe mir den neusten Stryd-Wind-Sensor einmal näher angesehen und möchte Euch nun das Laufen mit Powermeter näherbringen und Einblicke geben, welche Erfahrungen ich mit dem Fußpod gesammelt habe.
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1. Warum ein Powermeter beim Laufen
Vielleicht das Wichtigste vornweg. Warum brauche ich einen Powermeter beim Laufen? Trainierte man jahrzehntelang nur mit Stoppuhr, dann mit Puls, bevor die ersten GPS-Uhren auf den Markt kamen und Geschwindigkeiten live verfolgt werden konnten, so ist das Power-basierte Training meiner Meinung nach der nächste Meilenstein in der technischen Entwicklung des Laufsports. Die Tücken des Trainings nach Herzfrequenz dürften jedem inzwischen bekannt sein. Klimatische Bedingungen oder körperliche und seelische Belastungen, der Mensch hat seinen Puls nicht im Griff. Pace und Distanz sind dagegen schon Werte, mit denen man arbeiten kann. Aber auch hier werden beim Kampf um die Sekunden schnell die Grenzen aufgezeigt. Wind und Berge machen dem ambitionierten Läufer schnell einen Strich durch die Rechnung. Stille Luft und ebenes Gelände gibt es höchstens auf dem Laufband oder einer Indoor-Bahn. Bei schnellen Läufen verflucht wohl jeder die kleinste Erhebung oder ein leichter Wind. Egal wo du läufst, bei welchen Bedingungen oder welcher Topografie, ein Powermeter macht unabhängig, offenbart Dir die nackte Wahrheit, macht Dein Training noch kontrollierter und effizienter und Dich in Wettkämpfen noch schneller.
2. Verpackung und Design
In einer Zeit, in der Bedienungsanleitungen im Internet gelesen oder angeschaut werden, kommt der Stryd-Powermeter in einer kleinen Box verpackt nur mit dem Nötigsten daher. Der Sensor, zwei Befestigungsklipse für den Schuh, dem minimalistischen Ladengerät und einer Schnellstartanleitung. Der Sensor selbst, ja, auch wenn in erster Linie nicht entscheidend, ist ein Schmuckstück für das Auge: Schwarz matt, unauffällig und dennoch formschön. Mit den Maßen von 30 mm x 40 mm, einer Höhe von neun Millimetern und einem Gewicht von lediglich sieben Gramm ist er beim Laufen nicht spürbar.
3. Funktionsweise
4. Pairing und App
5. Kompatibilität und Auswertung
- Mit einer kompatiblen Laufuhr oder Smartwatch
- Über die Stryd-App
- Ohne weitere Geräte
6. Vor dem ersten Lauf
Die Befestigung des Stryd-Fußpods ist kein Hexenwert. Dennoch gibt es ein paar Punkte zu beachten. Ob rechts oder links, es ist ratsam immer den gleichen Fuß zu verwenden. Auch kleine Unterschiede und Asymmetrien in Deinem Aufsatz- und Abdruckverhalten zwischen den Füßen werden die Werte beeinflussen. Befestigt den Laufsensor möglichst mittig und auch bei verschiedenen Schuhen an der gleichen Stelle. Verwendest Du nur einen Schuh, brauchst Du Dich erstmal um nichts mehr kümmern. In einer mehrwöchigen Testphase musste ich den Akku kein einziges Mal laden. Ein Einschalten des Sensors ist ebenfalls nicht nötig. Mit Beginn des Laufes oder beim Pairen mit einer Uhr oder der App aktiviert er sich automatisch.
7. Laufen nach Power
Ab jetzt gilt die Devise: Laufen gehen und lernen. Wie auf dem Rad ist die Leistung sehr individuell. Hierfür müssen Vergleichswerte geschaffen werden. Anstatt sein Anstrengungsgefühl der Leistung mühsam zuzuordnen, bietet es sich an, die Pace bei möglichst idealen Bedingungen mit der erbrachten Leistung zu vergleichen. Mit jedem Kilometer gewinnt man an Verständnis. Dafür sollte man das Tempo durchaus einmal variieren. Auch wenn ich nach wenigen Läufen schon eine Vorstellung meiner Watt habe, erwisch ich mich immer wieder, dass ich einen Blick auf die Pace werfe. Nötig ist das nicht. Der Stryd-Sensor liefert durchgängig akkurate Werte hoher Präzession.
8. Critical Power (CP)
Vergleichbar mit der bekannten Functional Threshold Power (FTP) berechnet Stryd automatisch unter dem Namen Critical Power (CP) eine Schwelle, die du eine Stunde lang halten kannst und schlägt anhand dieser Power Zonen vor, indem Du Dein Training absolvieren sollst. Je mehr Werte man liefert, desto genauer wird dieser Wert. Alternativ oder in Ergänzung bietet Stryd extra Test-Szenarien an, anhand derer der Wert berechnet wird, ohne dass Du eine Stunde alles geben musst.
9. Geschwindigkeit und Distanz
Was eine GPS-Uhr kann, beherrscht der Stryd-Sensor ebenfalls, nur genauer und unabhängig von Sattelitenempfang, so ist es in zahlreichen Rezensionen und Tests zu lesen. Nach erfolgreicher Kalibrierung auf der Bahn, liefert der Fußpod tatsächlich ähnliche Ergebnisse in der Distanz und Geschwindigkeit wie meine Laufuhr. Die besten Resultate jedoch in der Geschwindigkeit, die während der Kalibrierung gelaufen wurde. Inwieweit diese exakter oder weniger genau sind, lässt sich nur schwer prüfen. Auf der Bahn konnte der Sensor durchaus solide Resultate liefern, die ein GPS-Gerät deutlich in den Schatten stellt. Auch in dichten Wäldern oder Städte mit hohen Häusern liefert der Fußpod sicher mehr als nur eine Alternative. Für die Anzeige auf dem Display muss man sich jedoch entscheiden, GPS oder Fußpod. Aber keine Sorge beide Werte lassen sich im Anschluss vergleichen und auswerten.
10. Weitere Funktionen: Mehr als nur ein Powermeter
Abgesehen von der Leistung hat der Stryd-Fußpod zusätzlich noch einige Funktionen parat, die eine nützliche Ergänzung für Dein Training darstellen. Neben Schrittfrequenz, was jede Laufuhr heutzutage schon zu bieten hat, verfügt der Sensor über Höhenmessung, Messung der Bodenkontaktzeit und der vertikalen Oszillation und gibt Dir somit viele Möglichkeiten die Effizienz Deines Laufstils zu verbessern und dank Powermeter direkt zu verfolgen. Einen für mich unbekannten Wert bietet die Leg Spring Stiffness (LSS). Dieser soll die Steifigkeit der Sehnen und Muskeln einer Läuferin oder eines Läufers berechnen und somit Schlüsse über die Effizienz des Bewegungsapparates ziehen. In meiner Testphase konnte ich mich noch nicht entscheiden, inwieweit der Wert nur Spielerei ist oder auf Dauer einen nützlichen Trainingsparameter darstellt.
11. Erfahrung, Empfehlung und Fazit
Der Stryd-Powermeter kann viel mehr als nur die Leistung messen. In vieler Hinsicht ersetzt er eine moderne Laufuhr. Zur Steuerung während des Laufs würde ich jedoch trotzdem empfehlen eine zu tragen. Besonders bei lockeren, hügeligen Läufen und windigen Gegenden punktet das Training mit Power gegenüber dem nach Pace. In einer Zeit, in der zu schnelles Tempo bei lockeren Läufen der Trainingsfehler Nummer eins darstellt, wird der Stryd-Leistungsmesser die Trainingsqualität für viele deutlich verbessern. Was bei lockeren Einheiten gilt, ist auch für Intervalle anwendbar. Kurze Wiederholungsläufe am Berg lassen sich ungeachtet der Steigung an verschiedenen Orten vergleichbar wiederholen. Das Gleiche ist bei Wettkämpfen und Tempoläufen der Fall. Optimales Pacing anhand der Unabhängigkeit von Topografie und Wind, Live-Analyse des Nutzens durch das Laufen im Windschatten, Vergleichbarkeit verschiedener Wettkämpfe, messbare Steigerung der Fitness… Die Liste der Vorteile könnte endlos fortgeführt werden. Inwieweit der Wind-Sensor der neusten Generation so nah am Boden gerade bei Rückenwind tatsächlich funktioniert, kann ich nicht abschließend beurteilen. Auch wenn die Zahlen mir bisher recht einleuchtend erschienen bleibt bei einem Blick auf die Theorie der Strömungslehre, wonach die Strömungsgeschwindigkeit in Oberflächennähe gegen Null geht, ein Restzweifel.
Natürlich ist auch der Stryd-Sensor nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen. Ein Faktor, der mir aufgefallen ist, der Powermeter verzögert in zweierlei Hinsicht: Erstens am Berg. Wenn man in einen Berg hineinläuft und dadurch langsamer wird, sinkt die Watt-Zahl erst einmal, bis der Sensor merkt, dass die Steigung sich verändert hat. Zweitens: Die Reaktionszeit beim Beschleunigen ist immer noch relativ lang. Da das gleiche Problem bei GPS-abhängigen Geschwindigkeitsänderungen noch stärker ausgeprägt ist, stellt jedoch auch hier der Stryd-Sensor eine Verbesserung dar. Vollständig gelingt es den Entwicklern des Lauf-Powermeters dieses bisher aber nicht zu lösen. Gerade kurze Intervalle, die nicht auf der Bahn absolviert werden, bleiben somit bedingt repräsentabel. Der letzte Punkt meiner Kritik könnte auch eine Frage meiner persönlichen Motorik sein. Bei Bergabläufen lässt sich die Leistung nur mit gefühlt erhöhter Anstrengung halten, bei steilen Stücken gelingt mir nicht einmal dies.
Für mich der größte Vorteil, und damit möchte ich schließen, ist die Freude am Laufen. Ja, es geht für mich immer noch darum Zeiten zu jagen und Zahlen zu unterbieten, aber das alles ruhiger und freier. Kein Ärger über Hügel, keine Sorgen um den Wind, keine Angst vorm Überpacen. Stryd macht mich gelassener. Aber das liegt vielleicht auch am Alter, denke ich mir, streichle über meinen Bart und entdecke das erste graue Haar.
Bei weiteren Fragen schreibt uns gerne an. Wir freuen uns über Eure persönlichen Erfahrungen und Fragen.